Route 14 - Von Grenzen, Quellen, Dorfangern und Herrenhäusern, 22,4 km
Streckeninfos:
Vielseitige, mäßig lange Tour. Bis auf einen kurzen Abschnitt nördlich von Schiphorst auf asphaltierten, meist ruhigen Nebenstraßen ohne große Steigungen. Zwischen Groß Boden und Schmachthagen, sowie zwischen Mühlenbrook und dem Abzweig nach Schiphorst auf stärker befahrenen Landstraßen. Deswegen nur bedingt für Kleinkinder geeignet. Abkürzung von Stubben nach Eichede nur für sportliche (Steigung) und sichere (Kfz) Radfahrer.
Im Laufe dieser Tour überquert man viermal die uralte Grenze zwischen Holstein und Lauenburg. Die Stormarner Landesteile wurden lange von Kopenhagen aus regiert, die lauenburgischen von Hannover. Aber auch schon weit vorher – um 810 n.Chr. war das Quellgebiet der Barnitz als Teil des »Limes saxoniae« – dem Sachsenwall – Grenzgebiet zwischen den sächsischen und slawischen Siedlungsgebieten.
Diese Verwaltungsgrenze verläuft auf einer knapp 60 Meter über dem Meeresspiegel liegenden, breiten Endmoräne, die ein Teil der großen holsteinischen Wasserscheide bildet. Südlich von Stubben entspringt die Barnitz, die gen Ostsee plätschert und zwischen Eichede und Schiphorst ist es die Schönau, die über Bille und Elbe der Nordsee entgegeneilt.
Stubben auf lauenburgischer und Eichede auf holsteinisch–stormaner Seite sind zwei bemerkenswert gut ausgeprägte »Angerdörfer«. Sie sind im frühen Mittelalter planmäßig um einen augenförmigen Platz angelegt worden, der von den Gehöften und öffentlichen Gebäuden umschlossen wird. Der Anger gehörte allen gemeinsam und diente meist als Gemeindeweide.
Der weiträumige, von Linden umsäumte Dorfanger von Eichede gilt unter Fachleuten als einer der schönsten in Schleswig-Holstein, da er in seiner Struktur seit Jahrhunderten kaum verändert wurde. Wenn auch die Bebauung und Nutzung sich aus vielen Gründen den aktuellen Bedürfnissen angepasst hat, so ist doch der Charakter eines ursprünglichen Bauerndorfes hervorragend erhalten.
Am höchsten Punkt des ovalen, großflächigen Dorfangers befindet sich die Eichedeer Kirche, ein barocker Fachwerkbau von 1757, inmitten des alten Friedhofs.
An das Kirchengrundstück schließt das Gelände der ehemaligen Schule mit der Schulscheune an. Beide Gebäude wurden aufwändig saniert und stehen heute der Feuerwehr und der Jugend zur Verfügung. Eine Extrarunde um diesen historischen Ortskern lohnt sich wirklich.
Am Sonntag lohnt ein kleiner Abstecher von etwa 200 Metern Richtung Mollhagen. Ab 14 Uhr bietet die Gaststätte »Unter den Linden« leckere, selbst gemachte Torten und Kuchen an. Am Wochenenden können auch Fußballfreunde auf ihre Kosten kommen. Am nördlichen Ortseingang befindet sich die Sportanlage des SV Eichede. Von der G-Jugend bis zur Schleswig-Holstein-Liga wird hier toller Fußball geboten.
Zum zweiten Angerdorf Stubben fährt man über das direkt an der Grenze gelegene Radeland. Hier ist in den letzten Jahren aus privater Initiative eine interessante Apfelbaumchaussee mit einer enormen Sortenvielfalt entstanden. Besonders im Herbst ist dies ein durchaus lohnender Weg.
Auch für den Anger von Stubben lohnt sich ein Zwischenstopp. Wenn dieser auch kleiner ist als der in Eichede, so ist auch hier noch die ursprüngliche Besiedlung gut zu erkennen. Es gibt dort einen Spielplatz und reichlich Fläche, auf der man sich austoben kann. Und der müde Radfahrer findet Bänke und Tische zur Rast. Sehenswert ist auch die »Alte Schule« mit einer in Schleswig-Holstein einmaligen Dachkonstruktion. Hier befinden sich heute das Dorfgemeinschaftszentrum und die Freiwillige Feuerwehr. Eine Kirche hat es in diesem Ort nie gegeben. Die lauenburgischen Gläubigen kommen wie eh und je zur Kirche im holsteinischen Eichede.
Eine andere geschichtliche Entwicklung haben die Dörfer Schmachthagen und vor allem Schulenburg hinter sich. Sie ist eng mit der von dem Gut Schulenburg verknüpft. Adelsnamen wie von Ahlefeldt, von Plessen oder Graf von Luckner sind mit dem heute als therapeutisches Wohn- und Pflegeheim genutzten Herrenhaus Schulenburg ebenfalls verbunden. Mit deutlichen Anlehnungen an den Jugendstil um 1912 erbaut, sind auch viele neubarocke Stilelemente zu erkennen, die auf den Vorgängerbau aus der Mitte des 17. Jahrhunderts weisen. Hochherrschaftliche Lindenalleen und altehrwürdige Feldeichen prägen die Landschaft. Versteckt hinter einem Wäldchen eingekuschelt liegt das erst 1803 eigenständig gewordene Gut Hohenholz. Das heutige Herrenhaus ließ 1888 ein Gummifabrikant aus St. Petersburg im gründerzeitlichen Stil bauen. Die Eigentümer bitten darum, das Hofgelände nicht ohne Erlaubnis zu betreten.
Wieder eine andere Historie hat Groß Boden aufzuweisen. Es ist eines der jüngeren Dörfer im Lauenburgischen. Nachdem eine kleine Ansiedlung namens Riekenhagen wüst gefallen war, wurde das Dorf um 1620 neu gegründet. Allein die Wassermühle am Zusammenfluss von Barnitz und Holl- und Kobeck bestand wohl durchgängig seit 1310. So nahe an den Quellen war der Wasserstand im Mühlenteich nicht immer hoch genug um auch die Bauern von Siebenbäumen zu bedienen. Deswegen wurde um 1820 dicht daneben eine Windmühle errichtet. Dieser Gallerieholländer ist heute leider ohne Flügel und zum Wohnhaus umgebaut. Auch die Wassermühle ist mit viel Liebe zum Detail von ihren Besitzern mühevoll restauriert worden.
Auch das zwei Kilometer südlich gelegene Mühlenbrook schaut auf eine adelige Vergangenheit zurück. Es wurde 1710 als ein Vorwerk – heute würde man sagen Tochterbetrieb – vom Gut Steinhorst erbaut. Hier wurde mit wechselndem Erfolg einer der ersten großen, vorindustriellen Milchviehwirtschaftsbetriebe in Schleswig-Holstein betrieben.
Nomen ist Omen: zwischen Mühlenbrook, dem ehemaligen Mühlenwald und Eichede bleiben während der Fahrt immer die acht Windrotoren auf Eichedeer und Schiphorster Gemarkung im Blick. In der Zukunft sollen es sogar noch mehr werden. Und die Schiphorster wollen zudem einen großen Aussichtsturm auf den Höhenrücken bauen, von dem aus man zukünftig bis zu den Türmen von Lübeck und Hamburg sehen soll. Ein Ort mit Weitblick.